Bohème, Gehackt
Bitnik ist ein Hackerkollektiv, das schon am Uno-Weltgipfel für Verwirrung sorgte. Zugang zur Hochkultur für alle ist das Ziel ihrer nächsten künstlerischen Attacke.
Von Hannes Grassegger
Der Zugang zu Informationen prägt unsere Lebensverhältnisse entscheidend. Als 2003 Vertreter von Staat und Wirtschaft in Genf anlässlich des ersten Uno-Weltgipfels zur Informationsgesellschaft das Thema debattierten, schlug Bitnik zu.
Die Mediengruppe verschaffte sich Zugang zu den Genfer Messehallen, in denen Wirtschafts- und Regierungsvertreter auf die unterrepräsentierten NGOs trafen. Bitnik gaben sich als Uno-Vertreter aus und verteilten Beutel mit Buchstabensuppe. Als «belehrende Tagesration» für Analphabeten sollte sie die hungernden Massen der 3. Welt für das kommende Internetzeitalter und die grossartigen Ergebnisse des Weltgipfels vorbereiten. Ganz im Sinne des Peer-to-Peer-(Nachbar-zu-Nachbar-)Gedankens wurden die Beschenkten aufgefordert, die Tüten an Personen ihrer Wahl zu senden. Gelebtes Filesharing sozusagen.
Mit solchen Eingriffen demonstrieren Bitnik, was sie unter einem Hack verstehen: «eine clevere Lösung für ein interessantes Problem». Konsequent wendet das 2003 in Zürich formierte Dreierkollektiv Ideen der alternativen Netzwelt aufsoziale Strukturen an. Ihre Aktionen stehen in der Tradition von RTmark, Gianni Motti oder Peter Regli, ihr Ziel ist im Sinn der Opensource-Bewegung, Zugang zu Informationen zu schaffen.
Künstlerisch erforschen Bitnik mit wechselnden Partnern den Einfluss digitaler und analoger Medien auf die Gesellschaft. Politisch sehen Sie sich beeinflusst von den Situationisten, welche ab 1957 versuchten, ästhetische Konzepte auf die Gesellschaft anzuwenden, und deren Dogma der strikt Copyright-losen Veröffentlichung den Geist der Opensource-Kultur prägte. Ästhetisch nutzt das Kollektiv dadaistische Praktiken, den Zufall als schöpferisches Prinzip. Wie bei Dada wird zerlegt und neu kombiniert. Erfahrungen aus Experimenten gilt ihr vorrangiges Interesse.
Gemein ist beiden Einflüssen der Protest gegen angestammte gesellschaftliche Vorstellungen. Mit der neuen Datenwelt allerdings eröffnet sich ein früher ungekanntes Experimentierfeld für soziale Organisationsformen; hier kommt der auf Knappheit fundierte Eigentumsbegriff ins Wackeln: Copy-Paste und fertig.
Ab Freitag 19 Uhr werden Bitnik und der bekannte Medienkünstler Sven König im Cabaret Voltaire einen spektakulären Live-Hack starten - was genau passiert, bleibt bis dahin geheim, doch dürfte gemäss Ankündigung Puccinis «La Bohème» eine Rolle spielen. Darauf folgt ein mehrmonatiges «Work in Progress», unterteilt in «Aneignung, Manipulation und Rückkopplung». Bitnik werfen ein Netz aus, und jeder hat Zugang.
Von Hannes Grassegger
Der Zugang zu Informationen prägt unsere Lebensverhältnisse entscheidend. Als 2003 Vertreter von Staat und Wirtschaft in Genf anlässlich des ersten Uno-Weltgipfels zur Informationsgesellschaft das Thema debattierten, schlug Bitnik zu.
Die Mediengruppe verschaffte sich Zugang zu den Genfer Messehallen, in denen Wirtschafts- und Regierungsvertreter auf die unterrepräsentierten NGOs trafen. Bitnik gaben sich als Uno-Vertreter aus und verteilten Beutel mit Buchstabensuppe. Als «belehrende Tagesration» für Analphabeten sollte sie die hungernden Massen der 3. Welt für das kommende Internetzeitalter und die grossartigen Ergebnisse des Weltgipfels vorbereiten. Ganz im Sinne des Peer-to-Peer-(Nachbar-zu-Nachbar-)Gedankens wurden die Beschenkten aufgefordert, die Tüten an Personen ihrer Wahl zu senden. Gelebtes Filesharing sozusagen.
Mit solchen Eingriffen demonstrieren Bitnik, was sie unter einem Hack verstehen: «eine clevere Lösung für ein interessantes Problem». Konsequent wendet das 2003 in Zürich formierte Dreierkollektiv Ideen der alternativen Netzwelt aufsoziale Strukturen an. Ihre Aktionen stehen in der Tradition von RTmark, Gianni Motti oder Peter Regli, ihr Ziel ist im Sinn der Opensource-Bewegung, Zugang zu Informationen zu schaffen.
Künstlerisch erforschen Bitnik mit wechselnden Partnern den Einfluss digitaler und analoger Medien auf die Gesellschaft. Politisch sehen Sie sich beeinflusst von den Situationisten, welche ab 1957 versuchten, ästhetische Konzepte auf die Gesellschaft anzuwenden, und deren Dogma der strikt Copyright-losen Veröffentlichung den Geist der Opensource-Kultur prägte. Ästhetisch nutzt das Kollektiv dadaistische Praktiken, den Zufall als schöpferisches Prinzip. Wie bei Dada wird zerlegt und neu kombiniert. Erfahrungen aus Experimenten gilt ihr vorrangiges Interesse.
Gemein ist beiden Einflüssen der Protest gegen angestammte gesellschaftliche Vorstellungen. Mit der neuen Datenwelt allerdings eröffnet sich ein früher ungekanntes Experimentierfeld für soziale Organisationsformen; hier kommt der auf Knappheit fundierte Eigentumsbegriff ins Wackeln: Copy-Paste und fertig.
Ab Freitag 19 Uhr werden Bitnik und der bekannte Medienkünstler Sven König im Cabaret Voltaire einen spektakulären Live-Hack starten - was genau passiert, bleibt bis dahin geheim, doch dürfte gemäss Ankündigung Puccinis «La Bohème» eine Rolle spielen. Darauf folgt ein mehrmonatiges «Work in Progress», unterteilt in «Aneignung, Manipulation und Rückkopplung». Bitnik werfen ein Netz aus, und jeder hat Zugang.
hannes1 - 12. Mär, 21:36