Der ewige Grieche

El Greco, der Grieche, so einfach nennt sich Stuttgarts ewiges griechisches Restaurant. Seit 26 Jahren wird hier gesund gut-griechisch gekocht. Aber nicht nur das. Hier wird gut gelebt.

Von Hannes Grassegger

Erst 26 Jahre gibt es das El Greco, Stuttgarts ältestes griechisches Restaurant. Für Griechen ist ein Vierteljahrhundert nur ein Zwinkern, ein Augenblick. Seit über 3000 Jahren gibt es Zeugnisse der griechischen Küche, schon 350 vor Christ schrieb Archestratos die Gastronomia, erstes Kochbuch und erster Gastroguide der Welt in Einem. Seitdem wurde die Entwicklung der griechischen Küche analysiert. Einflüsse der Osmanen, und damit der Araber und Perser, zeigen sich im Garen des Fleisches mit Joghurt; der feinbröckelnde, trotzdem cremige Fetakäse aus Schaf- und Ziegenmilch ist byzanthinisches Erbe; Skordalia, das Kartoffelmousse mit Walnuss, Mandeln, Olivenöl und Knoblauch, wurde schon in der hellenischen Antike zubereitet (logischerweise ohne Kartoffeln).

Griechisches Essen ist beliebt. Unklar ist aber warum. Beispielsweise essen die Griechen am liebsten lauwarm - damit das Olivenöl, in dem vieles ertränkt wird, sein Aroma entfalten kann. Die Küche ist unspektakulär und hat die gleichen Grundlagen wie andere mediterrane Küchen; die üblichen Kräuter, etwas mehr Gemüse (Bohnen!) und einen Akzent auf Schaf- und Ziegenfleisch. Vielleicht ist sie seltsam. Die Griechen speisten, schreibt ein Gastroguide, sobald Touristen oder EU-Aufseher weg seien, Hammelhoden oder gebackenes Lammhirn. Und weiter: Griechenland sei ein karges Land, alles was nicht giftig sei, z.B. Olivenblätter, werde gegessen. Und das auch noch zu nachtschlafener Zeit, ab 21 Uhr. Man fastet ganze zehn Wochen im Jahr. „Kein Schlemmerparadies“, urteilt der moderne Gastroguide.

Fans der griechischen Küche sind die Schwaben. Hier sagt man seit vierzig Jahren, griechisch sei gesund, isst einen kleinen griechischen Salat und danach Fleisch- oder Fischberge. Am liebsten gemischt und gegrillt: Appollon-Teller oder Platon-Platte mit Gyros und Souvlaki, dazu Tzatziki, Zwiebelringe, frittierte Kartoffelscheiben, mit etwas Pech auch Fritten. „Insider“ im Land der Pur Hörer schwören auf Moussaka, den sättigenden Hackfleisch-.Auberginen- und Bechamelauflauf.
Sucht man in Google Maps „griechisches Restaurant, Stuttgart“, findet man derzeit 697 Einträge. Der Kessel birgt traditionsreiche, gutbesuchte „Griechen“ wie das „Illysias“, den „Griechen im Grünen“, das „Hermes“, und, ganz oben bei Google, das „El Greco“, das beinahe jeder Stuttgarter kennt.

Das El Greco liegt nahe des Berliner Platzes am Bollwerks, also wie es sich gehört an einem geschichtsträchtigen Ort. Das rustikale, blauweiss im Inselstil gehaltene, doch mit bunten Ölgemälden verzierte Eckrestaurant ist belebt, die Stimmung zwischen den mit Kletterpflanzen behangenen Wänden gemeinschaftlich. Hier sollte man reservieren. Der Küchenchef und Inhaber Georgius Papoulias hält den Service am laufen, mit den Gästen ein Schwätzchen und tischt stets Neues auf. Wir geniessen die Hausspezialität Arnaki, eine butterzarte, gezimtene Lammkeule im Gemüsetopf; kosten vom salzig-süssen, in der kleinen Saganaki Pfanne fritierten Kefalotyri Käse; testen das einwandfreie, cremig-salzige Fischrogenmousse Taramas, Teil der gemischten Vorspeisenplatte. Gewürze wurden gezielt verwendet, die Portionen sind hübsch angerichtet und gross. Der erste Grund dieses Restaurant zu mögen ist seine ehrliche Küche.

Der zweite Grund ist die Familiarität. 1978 kamen die soeben vermählten Papoulias nach Stuttgart, eigentlich wollte Georgius Medizin studieren. Dann wurde seine Frau Isidora schwanger. Beide arbeiteten hart in Stuttgarts Tavernen, Georgius verzichtete aufs Studium, 1983 eröffneten die Mittzwanziger das El Greco, ursprünglich an der Immenhoferstrasse. „Wir waren kleine, harte Kinder“ lacht Isidora, „die Gäste wurden unsere Familie“, manche seien Stammgäste in zweiter Generation.
Wir wollten etwas anders machen, ergänzt Georgius. Nicht primär in der Rezeptur, guter Geschmack sei doch selbstverständlich. Und man hätte von den Gästen gelernt, klar, die Deutschen wollten weniger Öl, mehr auf dem Teller. Doch hätte er eine Philosophie eingebracht. Essen sei eine Prozedur, es drehe sich nicht nur darum satt zu werden, sondern gesund und gut zu leben. Frische, Bio wo bezahlbar, regionales Fleisch, salzarm. Bedacht zitiert er sein Credo, einen Satz des Hippokrates: „Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel sein.“ Er koche wie für seine Familie. So hat sich unser Abend beim Griechen auch angefühlt.

„Die Griechen sind trotz allen Widernissen überaus gastfreundlich“, schreibt unser böser Gastroguide. Wir schliessen lieber mit den Worten der griechischen Botschaftswebsite: „Vor allem sind Essen und Trinken für die Griechen ein geselliges Erlebnis, ein guter Anlass, sich in der Familie oder mit Freunden und Bekannten zu treffen, zu reden, und gemeinsam zu genießen.“ Es steckt eine Menge Philosophie dahinter, es zusammen einfach nett zu haben. Ab Winter kocht Isidora übrigens altgriechische Spezialitäten. Philosophen Cuisine.

Preise : Hauptspeisen 10-17 € , günstiger Mittagstisch,

Info: Cateringservice, rauchfreies Restaurant

Kontakt: www.elgreco-restaurant.de Tel. 07 11 / 29 06 39, Leuschnerstr. 17, 70174 Stuttgart

Öffnungszeiten:
Montag und Dienstag:17.00 Uhr bis 01.00 Uhr
Mittwoch bis Samstag:11.30 Uhr bis 15.00 Uhr 17.00 Uhr bis 01.00 Uhr
Sonntag durchgehend:11.30 Uhr bis 01.00 Uhr

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