saubere sache

Aus den musikalischen Bruchstücken seiner schmutzigen Heimatstadt Detroit formt Jimmy Edgar einen supersauberen Discosound, der schwer zu beschreiben, aber leichtfüssig und tanzbar ist.
Jimmy Edgar ist ein sauberer Typ aus einer schmutzigen Stadt. Einer Stadt voll Industriebrachen und leerstehenden Gebäuden, die sich immer mehr aufzulösen droht. Detroit, in das er 1983 hineingeboren wurde, sei ein «unentschiedener Ort», sagt Edgar, eine Stadt ohne richtiges Zentrum; Motorcity schon deshalb, weil man ständig im Auto zwischen den verschiedensten Plätzen unterwegs sei.
Ähnlich verstreut liegen auch seine musikalischen Pole der Motorcity. Detroit ist Heimat von Soul Labels wie Motown, Techno-Grössen wieKevin Saunderson und Juan Atkins oder des einflussreichen Hiphop-Produzenten Jay Dee.
Edgars Werdegang als Produzent elektronischer Musik gleicht einer Tour durch alle Winkel dieses postindustriellen Patchworks. Sein Sound sei Techno oder Minimal, schreiben die einen, andere sprechen von Old School Electro und Hiphop. Doch auch Jazz und R ’n’ B prägen Jimmy Edgars knapp ein Dutzend verschiedene Projekte.
Ähnlich unentschieden wie die Diskussion um Edgars Stilrichtung blieb auch seine labelmässige Verortung. Zuerst veröffentlichte er auf dem Hamburger Poker-Flat-Label, dann auf Isophlux, Miami. 2002 wechselte er zum experimentellenHiphop- und Post-IDM-Label M3rck, 2004 brachte er auf Warp eine EP heraus, auf welche zwei Jahre später sein Longplayer «Color Strip» folgte.
Edgar ist alles auf einmal, nebenher oder nacheinander. Er begann als Schlagzeuger, experimentierte mit alten Tapedecks, spielt Saxofon und erweist sich immer mehr als exzellenter Keyboarder. Darüber hinaus arbeitet er als Fotograf und Modedesigner. In seinem früheren Haus an der 8 Mile Street soll Edgar vier Schlafzimmer besessen haben.

Doch Schlaf ist das letzte, das einem bei den superklaren, kühl-funkigen Discoklängen seiner neuesten, dieses Jahr unter dem Projektnamen Her Bad Habit erschienen EP in den Sinn kommt. Eher schon eine Fahrt im perfekt klimatisierten, zügig durch die Strassen Detroits rollenden «Knight-Rider»-Pontiac. Tatsächlich: Edgar ist auf dem Weg zu seinem schönen neuen House. Den produziert er mittlerweile in New York, wo er nun den Sound von Metro Area und Les Rhythmes Digitales, Dabrye und Egyptian Lover aus jener ästhetischen Distanz heraus vereint, die so typisch ist für alles, was der Modefanatiker bisher schuf. Zu dem, was der saubere Jimmy Edgar aus den Bruchstücken seiner schmutzigen Heimat formt, kann man in der Zukunft hier zu Lande erstmals tanzen.
http://www.zueritipp.ch/dyn/nightlife/index.html?eid=303854&aid=870100
hannes1 - 19. Mai, 14:15