Stuttgarter Riesen in Berlin



Was ist das Geheimnis der Stuttgarter Grosspuppen Dundu? Lift traf Erfinder und Macher der weltweit einzigartigen Geschöpfe bei den Proben zum bisher grössten Auftritt.

Text: Hannes Grassegger

Hinter dem Pragfriedhof, hinter den Backsteingebäuden der Wagenhallen wandelt der weisse fünf Meter Riese über den weiten Kiesplatz durch die warme Julinacht. Seine nackte Haut ein Netzwerk fadenartiger Stränge, verstärkt durch Drähte; ein Kopf wie der einer Anatomiepuppe. Das gelbe Licht der Scheinwerfer strahlt durch den transparenten Körper als der Riese Anlauf nimmt, zum Sprung ansetzt, fliegt. „Saubere Landung. Aber den Kopf mehr nach vorne“, ruft Regisseur Klaus Paul dem fünfköpfigen Team der Marionettenspieler zu, welche anhand von Alustäben und einem an Rücken und Kopf der Grosspuppe befestigten Einrad die einzelnen Glieder steuern. Ihre Aufgabe ist, den Riesen gemeinsam zur Einheit werden zu lassen. Dundu, Du und Du, so nannte der kleine Sohn des Stuttgarter Erfinders Tobias Husemann (39) die Puppen, als er sie 2004 das erste Mal sah.

Stuttgarter kennen den Dundu, von der zweiten Stuttgart Nacht oder ekstatisch in der Menge tanzend auf dem Stuttgart Electronic Music Festival. Auch OB „Wolle“ Schuster, Daimler Vorstandsvorsitzender Zetsche und Klaus Töpfer liessen sich mit ihm ablichten. Zur Eröffnung des Kulturprogramms der Leichathletikweltmeisterschaft Mitte August am Brandenburger Tor in Berlin zeigten nun drei Dundus die klassischen Disziplinen Laufen, Weitsprung und Kugelstossen. Ein Riesenerfolg für die Macher. Ihr Dundu ist beliebt. Und das hat einen Grund.


DUNDU Peking Montage

Von Jerusalem zur WM

Vor seinem grossen, bunten Atelier in den Wagenhallen sitzend, erzählt der gelernte Schreiner Husemann mit der selbstgewählten Berufsbezeichnung „Visionär“ vom Resultat seiner über 20-jährigen Beschäftigung mit Figuren. Ende der 1990er, während eines mehrjährigen Israelaufenthaltes schuf er den Ur-Dundu, einen 5-Meter „King“, einen Elvis der auf Strassentheatern mit seinem Hüftschwung begeisterte. Der um 2004 entstandene, aktuelle Dundu sei jedoch neuartig, eine Revolution im Grosspuppenbereich, er sei gross und stabil, dabei leicht und frei spielbar, ganz ohne äussere Hebebühne oder Kran. Der Erfinder strahlt wenn er über die Lichteffekte seiner Kohlefasern spricht, über die Transparenz und Windfestigkeit, die Flexibilität der insgesamt 14 Glieder. Über die Bauweise allerdings verrät er wenig und brummt etwas von „Patent“ und „Haus der Wirtschaft“. Wichtiger sei das politische Symbol der Konstruktion. Eine vernetzte Einheit, bewegt durch das Zusammenspiel der Vielen. Eine Herausforderung! Manche Dundu-Teams seien daran gescheitert.

Ein Team von 25 Leuten

An den Stäben die den Dundu bewegen, stehen auch Studentinnen des Studiengangs Figurentheaters der Musikhochule Stuttgart. „Der Dundu ist besonders“, meinen Pauline Drünert und Mirjam Ellenbroek „das man die Spieler der Puppen sieht, ist üblich geworden im Figurentheater. Auch Grosspuppen gibt es. Aber die Schlichtheit des Dundus, die Leichtfüssigkeit und Transparenz sind brilliant!“. Die gemeinsame Koordination sei Zusammenspiel wie in einer Band.
Das versteht der jugendlich wirkende Musiker Stefan Charisius (40), derzeit eher Organisator der zahlreicher werdenden Auftritten des Dundus. Für Berlin arbeiteten ca. 25 Leute zusammen, schätzt er. Immer öfter nähme er Anfragen von Firmen entgegen, die den Dundu als Symbol des Teamspirits sähen. Charisius und Husemann sind ein Team. Anfänglich half Charisius bei der Anschubfinanzierung und begleitete Auftritte des Dundus mit seiner Band, dann legte er für den medienscheuen Telefonverneiner Husemann Email und Homepage an, die Auftritte häuften sich, mittlerweile sucht er Verstärkung im Marketing und Finanziers für weitere Schritte.

Der Dundu – ein Symbol

Mit der WM ist für das Team ein Traum in Erfüllung gegangen. Oft war man nah dran an Grossveranstaltungen, beinahe hätte André Heller für die WM 2006 zehn Dundus geordert. Dann die Stadt Stuttgart. Sogar wegen der Olympiade 2008 in Peking gab es Gespräche, denn die Netzstruktur des Olympiastadions in Peking und des Dundus ähneln sich verblüffend. Nun aber, endlich die Möglichkeit das Geheimnis des Dundus vor den Augen der Welt zeigen. Wieviel Einheit die Leuchtgestalt verkörpern kann, wenn alle gut zusammen spielen.

http://www.dundu.name
http://www.tobias-husemann.de

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