Das Banlieue im House

Mehdi ist ein netter Typ

Sogar Sarkozy sollte da mal zuhören. DJ Mehdi aus Paris versöhnt in seinem ganz eigenen French House das Banlieue mit dem Pariser Hi-Life.

von Hannes Grassegger

Noch tanzt alles den Ed Banger. Seit Mitte 2006 füllt eine zweite Generation French-Houser weltweit die Tanzflächen. Dahinter steht meist das Pariser Label Ed Banger. Manche Acts wie Justice und Uffie wurden zwar in kürzester Zeit zu Popsternchen, doch der Ruf der Banger zeigt Abnützungserscheinungen. Zu verwechselbar und einseitig sind die Releases, immer gleich Sound und Struktur. Nur das erste Signing Ed Bangers leuchtet weiter zwischen all den Sternschnuppen.
DJ Mehdi war davor und wird auch danach noch sein. Der 30-jährige hat Wurzeln im Asphalt der Pariser Strassen, Platinerfolge hinter sich und zu Ed Banger kam er nicht um endlich zur Szene zu gehören, sondern um gut zu feiern. Denn das macht ihn glücklich.

Anschwellende Gitarrensamples, donnernd gedoppelte Basskicks, kristallenes Sirren über pathetischen Streicherbögen, DJ Mehdi schreit es, nein er bombt es auf allen Frequenzen und mit allen tausend Filtern und Kompressoren die man im French House so benutzt: I’m a Lucky Boy. Ein glücklicher Junge guter Eltern, wie er in jedem Interview wiederholt. So nannte er seinen im Frühjahr 2007 erschienen Longplayer: Lucky Boy.
Betrachtet man das Artwork, liest man zwei Seiten Danksagungen. Neben Mehdis Eltern und Ehefrau Fafi, der Schwester Uffies sowie Labelboss Pedro Winter, findet man Dutzende alter Hiphopfreunde die er auf seinem langen Weg vom Pariser Banlieue zu den Partytempeln der Metropolen gewann.

Mit der bürgerlichen Vergangenheit seiner Labelkollegen hat Mehdi Favéris-Essadi nichts gemein. Wo er herkomme, sei nicht viel mit Wein und Luxus, meint er angesprochen auf seine Herkunft. 1977 geboren im nordwestlich gelegenen, industriell geprägten Pariser Vorort Gennevilliers, begann Favéris-Essadi Mitte der Neunziger als DJ und Produzent der Hiphopper von Different Teep und später Mafia K’1 Fry. Im Hiphop sammelte er Erfolg und Geld, doch versank die französische Rapszene ab dem Ende des Jahrzehnts in düsterer Stagnation. Gefangen zwischen traurigen Melodien und bitteren Reimen fand der tunesischstämmige DJ wenig Freude.

Statt Frust in Hymnen über Stress im Getto abzubauen, sah er sich in tanzbaren Gefilden um. 1999 veröffentlichte er auf dem Label Espionnage unter dem Pseudonym The Cambridge Circus die Maxi „Wild Style“, mit der er seine Vision von Hiphop und French House Party präsentierte. Diese Fusion von Elektrobeats, melancholischen Samples, welche typisch für französischen Hiphop sind und pushenden Filterhouse Elementen mit an- und abschwellenden, funkig synkopierten Basslines sind seit jeher das Markenzeichen Mehdis. Seine Musik vereint die bourgeoise Pariser Partywelt mit der dunklen Sehnsucht der Banlieue. Daran biss sich Sarkozy bisher die Zähne aus. Bei DJ Mehdi aber wird es zur Party.

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