Die Südostschweiz

Donnerstag, 21. Februar 2013

Kommentar: Digitales Harakiri

428 Franken im Jahr soll die NZZ im Internet plötzlich wert sein. Nachdem die Zürcher Tageszeitung ihren Online-Auftritt dieses Jahr aufgefrischt hat und zudem seit der Zusammenlegung von Print- und Online-Redaktion alle Inhalte der Druckausgabe im Netz veröffentlicht, soll man nun seit gestern zahlen, um die «nzz.ch» zu lesen. Zumindest für alles, was über 20 Gratisartikel, Übersichtsseiten und Service-Inhalte hinausgeht. Das Modell hat man sich bei der «New York Times» und der «Financial Times» abgeschaut. Und dabei etwas übersehen.

Die erfolgreichen Zeitungen im Internet haben jede ihre eigene Strategie entwickelt, warum Leser ihre Seite besuchen sollen. So setzt die aufstrebende «Zeit Online» auf analytische Berichterstattung; «20min.ch» will am schnellsten sein, andere, wie die «Südostschweiz», wollen Leser kompetent über die Welt vor ihrer Haustür informieren. Gleichzeitig perfektionierten Anbieter wie «Spiegel Online» neue journalistische Techniken, quasi in Echtzeit zu berichten, mit Eilmeldungen zu beginnen, dies häppchenweise zu ergänzen und dann durch eine Wendung der Perspektive Lesern innert Augenblicken neue Einsichten zu verschaffen. So holt man Leser ab.

Nichts davon hat die «nzz.ch» geschafft. Es gibt keinen zwingenden Grund, sie zu lesen – und dennoch verleiht sie sich denselben Marktwert wie die viel ergiebigere «New York Times», welche digital 455 Dollar pro Jahr kostet. NZZ-Chefredaktor Markus Spillmann hielt es auch nicht für nötig, seinen Lesern zu erklären, was genau die «nzz.ch» zukünftig liefern werde, damit es sich dann lohne, für das Portal so teuer zu bezahlen, während andere exzellente Anbieter einen Klick entfernt stehen.

Wie kann ein Blatt, das die freie Marktwirtschaft so gut zu kennen vorgibt, solch einen Schritt tun? Es scheint, als würde die schon mit liberalem Missionsauftrag gegründete Zeitung über ihre eigene Ideologie stolpern. Um die Eigentumsrechte an Produkten zu wahren, vergrault sie ihre Kunden. Wem falsch verstandene Ideologie 428 Franken wert ist, der soll zahlen.

Linkzum NZZ KOmmentar vom 3.10.2012

Kommentar: so schmeckt die weltwirtschaft

Die Symbolkraft der Lasagne ist nicht zu unterschätzen. Unter der harmlosen Käsekruste, zwischen den Teigplatten schwimmen Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch, irgendwelche Kräuter, Stabilisatoren und meist auch noch das Rinder- oder Schweinehack.

Schicht auf Schicht stapeln sich uns im Detail ganz unbekannte Mischungen. Wir wissen, Fleisch ist heikle Ware, doch flink ziehen wir die Lasagne im Supermarkt aus der Tiefkühltruhe. Sie verspricht schnelle Sättigung. Informationen auf der Verpackung? Egal, um Kleingedrucktes kümmern sich die anderen. Die Händler. Der Hersteller.

Nun, es war nicht drin, was draufstand. Was genau drin war, wie es hineinkam in die Packung, das haben auch vier Wochen nach Entdeckung des Problems weder Händler noch Hersteller ganz erfasst. Erstmal musste geklärt werden, wer der Anbieter ist. Denn den Namen Findus teilen sich drei Unternehmen in drei Ländern. Die heikle Ware kam aus Rumänien ging durch Hände in Holland und Zypern, kam nach Frankreich, Luxemburg, England, in die Schweiz. Niemand versteht, was Sache ist – jeder behauptet, er habe nicht mitgemacht. Dann fliegt wieder einer auf. Bis klar wird: Alle arbeiten ähnlich. Nun kam heraus, manches Fleisch in der Lasagne enthielt gar Giftstoffe.

Die toxischen Papiere, mit denen die Finanzkrise 2007 offiziell begann, waren sie nicht auch ein bisschen Lasagne? Gestapelt aus Kreditpapiermischungen, die im Detail niemand so recht kannte? Hübsch verpackt, rasch verkauft? Wer damals mit dem Finger auf die gierigen Banker zeigte, dem rumort heute der Magen. Nicht drin, was aussen drauf steht. So schmeckt die Weltwirtschaft.

Link zu meinem grossen Lasagne-Kommentar vom 15.2.2013

Sonntag, 17. Februar 2013

Grünradikal?

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Plakat in San Francisco, 2011

Eine Schweizer Volksinitiative hält den Menschen für ein Umweltproblem. Um die Schweizer Umwelt zu schützen will man daher die Zuwanderung radikal einschränken. Und für den weltweiten Umweltschutz will die Initiative Entwicklungshilfegelder zur Familienplanung einsetzen. Nun zeigt sich - die Initiative verstösst wohl gegen Völkerrecht und Verfassung. Ist die Ecopop-Initiative ungültig? Mein Artikel in der Printausgabe der Südostschweiz Südostschweiz am Sonntag vom 17. Februar 2013.

Update:

Tages-Anzeiger hat nachgezogen in der Ausgabe von Dienstag 19.2. Das Urteil der befragten Rechtsexperten: Ecopop sollte ungültig erklärt werden.

Baz hat nachgezogen. In der Basler Zeitung von Dienstag 19.2 erscheint ein Artikel von Beni Gafner zur Diskussion der Ungültigkeit der Ecopop-Initiative. Gafner zitiert als einzige neue Quelle den Rechtsprofessor (und SVP-Olten Vizepräsident) David R. Wenger. Wenger widerspricht der von mir befragten Martina Caroni und der Mehrheit der von mir und Tages-Anzeiger befragten Völkerrechtsexperten. Der Artikel erschien nur im Print.

Dritter Nachzieher: Die Rundschau des SRF wird sich heute, 19.2.13 dem Ecopop Verein widmen.

Die Folgen: Laut Tages-Anzeiger vom 23. Februar beschäftigt sich nun das Justizdepartment mit der Zulässigkeit von Ecopop.

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